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Schweiz: Die Abschaffung der Inhaberaktien

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Am 1. November 2019 ist eine neue Gesetzesbestimmung in Kraft getreten, die Inhaberaktien faktisch abschafft. Hat eine Gesellschaft Inhaberaktien ausgegeben, werden diese per 1. Mai 2021 automatisch in Namenaktien umgewandelt. Nur noch unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen sind Inhaberaktien  zulässig. ​

 

​​Hintergrund

Basierend auf Empfehlungen der Financial Action Task Force und des Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken der OECD hat das Parlament im Juni 2019 eine Gesetzesänderung beschlossen, welche die beiden Bereiche Transparenz bei juristischen Personen und Informationsaustausch betrifft. Nach bisherigem Recht konnten Aktiengesellschaften grundsätzlich frei entscheiden, ob sie Inhaberaktien oder Namenaktien ausgeben. Kerninhalt der Gesetzesänderung stellt nun eine erhebliche Einschränkung der Möglichkeit zur Ausgabe von Inhaberaktien dar: Sie sind künftig nur noch dann zulässig, wenn sie entweder von einer Gesellschaft mit börsenkotierten Beteiligungspapieren ausgegeben werden oder als Bucheffekten ausgestalten sind. In allen übrigen Fällen sind Inhaberaktien unter dem neuen Recht nicht mehr zulässig. Dies gilt nicht nur für die Neuausgabe, sondern auch für bereits ausgegebene Inhaberaktien. Betroffen sind voraussichtlich etwas 500'000 Schweizer Aktiengesellschaften. Im Zuge der Abschaffung der Inhaberaktien hat das Parlament diverse weitere Gesetzesartikel angepasst und umfangreiche Übergangsbestimmungen vorgesehen. Dieser Artikel hebt die praxisrelevanten Punkte hervor.

 

Freiwillige Umwandlung der Inhaberaktien

Gesellschaften, die am 1. November 2019 über ausgegebene Inhaberaktien verfügen, haben diese bis zum

1. Mai 2021 in Namenaktien umzuwandeln oder alternativ diese in Bucheffekten auszugestalten. Die Umwandlung der Inhaberaktien in Namenaktien ist in einer Generalversammlung der Gesellschaft zu beschliessen, deren Beschluss setzt die Gesellschaft eine Umwandlungsfrist an, während derer ihre Aktionäre die Inhaberaktien in Namenaktien umwandeln können. Für die neu ausgegebenen Aktien im Rahmen der Umwandlung hat die Gesellschaft zwingend ein Aktienbuch sowie ein Verzeichnis der wirtschaftlich berechtigten Personen zu führen.


Gesetzliche Umwandlung der Inhaberaktien

Bleibt eine betroffene Gesellschaft bis zum 1. Mai 2021 untätig, werden die unzulässigen Inhaberaktien von Amtes wegen auf Kosten der Gesellschaft automatisch in Namenaktien umgewandelt. Die damit verbundenen Kosten und allfällige strafrechtliche Sanktionen können noch nicht abgeschätzt werden (vgl. weiter unten). Bei der gesetzlichen Umwandlung behalten die Aktien unter anderem ihren ursprünglichen Nennwert sowie ihre Eigenschaften in Bezug auf das Stimmrecht und die vermögensrechtlichen Ansprüche. Ist eine Umwandlung von Inhaberaktien in Namenaktien ohne Zutun der Gesellschaft automatisch erfolgt, muss die Gesellschaft bei der nächsten Statutenänderung ihre Statuten an die Umwandlung anpassen, ansonsten nimmt das zuständige Handelsregisteramt keine weiteren Statutenänderungen mehr vor.

 

Meldung des Erwerbs von Inhaberaktien und Aktienbuch

Das bisherige Recht verpflichtet Aktionäre, die Inhaberaktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwerben, der Gesellschaft ihren Vor- und Nachnamen oder ihre Firma sowie ihre Adresse zu melden. Werden nun die Inhaberaktien einer Gesellschaft in Namenaktien umgewandelt, muss sie anschliessend diejenigen Aktionäre in das Aktienbuch eintragen, die ihre im bisherigen Recht vorgesehene Meldepflicht erfüllt haben. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Umwandlung aktiv von der Gesellschaft initiiert wurde oder per 1. Mai 2021 automatisch stattgefunden hat. Aktionäre, die ihrer Meldepflicht unter bisherigem Recht nicht nachgekommen sind und deren Inhaberaktien von Gesetztes wegen in Namenaktien umgewandelt wurden, müssen bis zum

1. November 2024 beim Gericht die Eintragung in das Aktienbuch der Gesellschaft beantragen. Dies setzt jeweils die vorgängige Einholung der Zustimmung der Gesellschaft voraus. Kommen die Aktionäre dieser Pflicht nicht nach, werden ihre Aktien per 1. November 2024 von Gesetztes wegen nichtig und sie verlieren sämtliche mit den Aktien verbundenen Rechte. In diesem Fall werden die nichtig gewordenen Aktien durch eigene, von der Gesellschaft gehaltene Aktien ersetzt. Unter gewissen Voraussetzungen können diejenigen Aktionäre, deren Aktien ohne eigenes Verschulden nichtig geworden sind, einen Anspruch auf Entschädigung der Gesellschaft geltend machen. Dies ist jeweils dann ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft nicht über das erforderliche frei verfügbare Eigenkapital verfügt.

 

Meldepflicht bezüglich der wirtschaftlich berechtigten Person

Bereits unter dem bisherigen Recht besteht eine Pflicht zur Meldung der an den Aktien wirtschaftlich berechtigten Person. Wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Aktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Aktienkapitals oder der Stimmen erreicht oder überschreitet, hat der Gesellschaft die Identität und Adresse der natürlichen Person zu melden, für die er letztendlich handelt (wirtschaftlich berechtigte Person). Das neue Recht sieht zusätzlich eine explizite Regelung für den Fall vor, dass es sich beim Aktionär selbst um eine Gesellschaft handelt. Zur Meldung verpflichtet ist hier jeweils diejenige Person, welche die Aktionärsgesellschaft kontrolliert. Eine derartige Kontrolle liegt jeweils vor, wenn die natürliche Person direkt oder indirekt über die Mehrheit im obersten Organ verfügt, direkt oder indirekt über das Recht zur Bestellung oder Abberufung der Merheit der Mitglieder des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans verfügt oder wenn sie aufgrund von Statuten, eines Vertrages oder vergleichbarer Instrumente einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Sofern es keine solche Person in der Aktionärsgesellschaft gibt, muss dies ebenfalls gemeldet werden. Mit der Gesetztesänderung hat der Gesetzgeber zudem eine dreimonatige Frist ab Erwerb der Aktien eingeführt, innerhalb welcher der Gesellschaft Änderungen des Vor- oder Nachnamens, der Firma oder der Adresse der wirtschaftlich berechtigten Person mitzuteilen sind.

 

​Organisationsmängel

Mit den neuen Recht werden sodann zwei neue Tatbestände hinzugefügt, die als Organisationsmängel der Gesellschaft einzustufen sind. Einerseits ist dies der Fall, wenn die Gesellschaft das Aktienbuch oder das Verzeichnis über die ihr gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen nicht vorschriftsgemäss führt. Andererseits liegt jeweils dann ein Organisationsmangel vor, wenn die Gesellschaft nach dem 1. Mai 2021 Inhaberaktien ausgegeben hat, ohne dass ihre Beteiligungspapoere an einer Börse kotiert oder die Inhaberaktien als Bucheffekten ausgestaltet sind. Das Erfüllen einer dieser Tatbestände kann das Gericht dazu bewegen, Frist zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes anzusetzen oder gar die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft anzuordnen.


Sanktionen

 Kommt ein Aktionär seinen Meldepflichten nach bisherigem Recht nicht nach, führt dies dazu, dass er seine Vermögensrechte vorläufig nicht geltend machen kann. Versäumt er die Meldung innert Monatsfrist, sind seine Vermögensrechte an den Aktien verwirkt. Holt der Aktionär die Meldung zu einem späteren Zeitpunkt nach, kann er bloss die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen. Die bisherige Regelung umfasste damit lediglich sogenannte zivilrechtliche Sanktionen. Die Gesetzesänderung führt bereits per

1. November 2019 neu auch strafrechtliche Sanktionen ein. Aktionäre, die ihrer Meldepflicht bezüglich der wirtschaftlich berechtigten Person (siehe oben) nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, werden mit Busse bestraft. Auf Seiten der Gesellschaft wird neu mit Busse bestraft, wer vorsätzlich bestimmte Register und Verzeichnisse nicht den Vorschriften entsprechend führt oder die damit verbundenen gesellschaftsrechtlichen Pflichten verletzt. Bei Aktiengesellschaften betrifft die Strafnorm die Führung des Aktienbuches sowie des Verzeichnisses über die wirtschaftlich berechtigten Personen an den Aktien. In beiden Fällen beträgt die Maximalbusse jeweils CHF 10'000.

 Empfehlungen

  • ​In einem ersten Schritt sollten Gesellschaften mit Inhaberaktien prüfen, ob allenfalls eine der zwei Ausnahekonstellationen (börsenkotierte Gesellschaft oder Inhaberaktien als Bucheffekten) auf sie anwendbar ist und sie daher ihre Inhaberaktien auch unter neuen Recht behalten dürfen. Ist dies der Fall, muss die Gesellschaft diese Tatsache spätestens bis zum 1. Mai 2021 im Handelsregister eintragen lassen.
  • Sofern keine Ausnahmekonstellation anwendbar ist, empfiehlt sich die aktive Umwandlung der Inhaberaktien in Namenaktien. So kann die Umwandlung ohne Zeitdruck und unter kalkulierbaren Kosten durchgeführt und allfällige strafrechtliche Sanktionen vermieden werden. Die zur Umwandlung notwendige Statutenänderung kann z.B. mit einer ohnehin geplanten Statutenänderung in anderer Sache zusammengelegt werden.  Wird die Frist bis zum 1. Mai 2021 verpasst, drohen Einschränkungen hinsichtlich der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, unkalkulierbare Kosten von Amtes wegen oder sogar strafrechtliche Sanktionen.
  • Aktionäre mit Inhaberaktien haben insbesondere zu prüfen, ob sie ihrer Meldepflicht unter dem bisherigen Recht nachgekommen sind und der Gesellschaft ihren Vor- und Nachnamen oder ihre Firma sowie ihre Adresse mitgeteilt haben. Andernfalls gilt es, diese Meldung unverzüglich nachzuholen. Sofern sie nicht bis zum 1. Mai 2021 nachgeholt wird, müssen die Aktionäre mittels vorgängiger Zustimmung der Gesellschaft beim Gericht die Eintragung in das Aktienbuch verlangen. Wird dieser beschwerliche und kostenintensive Weg nicht bis zum 1. November 2024 beschritten, werden die Aktien nichtig.
  • Gesellschaften haben genau zu prüfen, ob sie ihr Aktienbuch sowie das Verzeichnis über die ihr gemeldeten wirtschaftlich berechtigten Personen ordnungsgemäss führen. Empfehlenswert ist die Überprüfung interner Abläufe und Praktiken auf Übereinstimmung mit dem neuen Recht. Andernfalls drohen Bussen oder im Extremfall gar die gerichtliche Auflösung der Gesellschaft.  

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lic.iur., Rechtsanwalt, Prozessrecht, Straf- und Wirtschaftsrecht

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